Menschenskinder – Gottes Kinder!
„Mama, kommst du jetzt mal endlich?“, ruft meine Große aus dem Nebenraum. „Menschenskinder“, denke ich, „jetzt ruft sie schon wieder.“ Blöd, dass ich gerade mitten am Formulieren einer E-Mail bin. Und schwierig, nicht noch einmal „Ja, gleich!“ zu rufen. Manchmal würde man sich gerne teilen können. Das geht sicherlich nicht nur Müttern wie mir mit kleinen Kindern so. Da kommen zwei Einladungen von lieben Menschen. Ausgerechnet finden beide Feiern am selben Tag statt. Oder wir sind im Urlaub mit der Familie, haben endlich in Ruhe Zeit miteinander und wissen zugleich, dass sich die gebrechlichen Eltern in der Kurzzeitpflege im Stich gelassen fühlen. Das schlechte Gewissen regt sich, denn wir wissen, wie schnell sich das Gefühl einschleicht, in zweiter Reihe zu stehen. Oder dass andere immer mehr bekommen als man selbst. Das erfahren wir nicht nur als hilfsbedürftiger, älterer, sondern auch als junger Mensch von klein auf.
Mit unserem himmlischen Vater ist es manchmal auch so. Wir fühlen uns von ihm im Stich gelassen. Oder wir denken, er wäre nur für die anderen da und würde einen selber leer ausgehen lassen. Manchen fällt es schwer, zu beten. Wir vermissen eine direkte Antwort oder zweifeln daran, gehört zu werden. Im 1. Johannesbrief werden wir ermahnt, an Gottes Liebe nicht zu zweifeln: „Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch!“ Basta. Wir sind seine geliebten Kinder. Gottes Kinder sind zahlreich wie die Sterne am Himmel. Doch Gott kennt sie alle mit Namen. Er weiß, was sie brauchen, vermissen, ersehnen. Und wenn wir zu ihm rufen: „Wann kommst du endlich zu mir in mein Leben?“, dann ist er längst unterwegs oder steht vielleicht schon vor mir. Es fällt mir nur schwer, es zu glauben. Gottes Liebe ist eben größer als all unsere Vernunft und unsere Herzen es ahnen.
Ihre und Eure Pastorin Sonja Kantus