Rundbrief von Gisela u. Gunther Schick
Liebe Freunde der Kindertagesstätte.
„Alles nicht so schlimm“, so meint Bolsonaro, der Präsident Brasiliens. „Kranke
und Tote hat es immer gegeben und wird es auch weiterhin geben“. Er sieht sein
Land schon in der Endphase der Corona Epidemie. Aber die Infektionsraten und
die Zahlen der Toten sprechen eine ganz andere Sprache. Sie steigen von Tag
zu Tag. „Verglichen mit anderen Ländern auf der Welt war unsere Regierung“,
so meint Bolsonaro, „die beste oder eine der besten im Umgang mit der
Pandemie“. Heute (einige Tage vor Weihnachten) verzeichnete das Land 18.000
Tote. Nur die USA verzeichnet mehr. Bolsonaro hat die Gefahr von Covid-19
immer wieder heruntergespielt. Für ihn ist Covid-19 nicht mehr als eine „kleine
Grippe“. Alle Reaktionen auf die Pandemie verurteilt er als „Hysterie“.
Die Nachrichten unserer Freunde hören sich ganz anders an. Da spürt man schon
sehr deutlich eine große Sorge und auch Angst. Wer irgendwie kann, zieht sich
in seine eigenen vier Wände zurück und meidet jeden nicht unbedingt
notwendigen Kontakt mit anderen. Die Geschäfte sind weitgehend geschlossen.
Nur für das Notwendigste darf man das Haus verlassen. Das Gesundheitswesen
war immer schon sehr prekär. Nun ist es praktisch zusammengebrochen. Die
Krankenhäuser sind mehr als überfüllt. Die ärztliche Versorgung ist auf das
Allernotwendigste beschränkt. Viele Menschen suchen Hilfe, aber leider
vergeblich.
Andererseits lassen Bilder von den Stränden im Süden des Landes an vielem
zweifeln. Da sieht man nur feiernde und sich vergnügende Massen. Es ist
Sommerzeit und wer kann, will sich vergnügen und lässt die Sorgen zuhause.
Wie Schulen, Kirchen und andere soziale Einrichtungen, so ist auch die Creche
geschlossen, und das schon seit mehr als 9 Monaten. Das hat natürlich bittere
Konsequenzen für die Kinder und deren Familien. Für die Familien, die vielfach
an der Armutsgrenze leben und deren Leben eigentlich mehr ein Kampf ums
Überleben als wirkliches Leben ist, war es immer eine große Hilfe, dass
wenigstens die Kinder gut aufgehoben und versorgt waren. Aber das entfällt
zurzeit, und das in einer Zeit, in der die Not besonders groß ist. Viele haben
pandemiebedingt ihre Arbeit verloren. Nun versuchen sie, sich mit
Gelegenheitsarbeiten irgendwie über Wasser zu halten. Die Hausfrauen backen
Plätzchen oder Kuchen, andere fertigen irgendwelche Handarbeiten an, und dann
gehen sie von Haus zu Haus oder stehen an den Straßenecken und bieten ihre
Waren an. „Es ist schwierig durch die Straßen Curitibas zu gehen“ sagte mir
kürzlich ein Bekannter, „man wird ständig von Bettlern oder Straßenverkäufern
angesprochen. Und kauft man dann eine Kleinigkeit, so kommen gleich drei
oder vier andere und bieten auch ihre Waren an“. Jeder möchte verkaufen. Die Not,
besonders unter der armen Bevölkerung, ist sehr groß.
Andererseits hat die pandemiebedingte Pause auch eine positive Seite. Sie ist
eine gute Gelegenheit, einmal Dinge aufzuarbeiten, für die sonst nie Zeit war.
So wurde die Zeit für kleine und auch größere Reparaturen genutzt. Die Creche
bekam einen ganz neuen Anstrich, sowohl von außen wie von innen. „Es ist jetzt
eigentlich alles bereit für einen Neuanfang“ sagt Otto Brehm, der Leiter der Luth.
Stiftung, die die Arbeit der Creche betreut. Aber wann das sein wird, weiß keiner.
Schwierig sieht es allerdings mit den Finanzen aus. Eigentlich war es immer
schon schwierig. Aber jetzt hat sich die Situation doch sehr verschlechtert. Ohne
Kinder keine Monatsbeiträge. Auch wenn diese noch so klein sind, für die Arbeit
der Creche sind sie sehr wichtig. An den laufenden Kosten hat sich kaum etwas
geändert. So etwas wie Kurzarbeit kennt man in Brasilien nicht. Die Mitarbeiter
können nicht entlassen werden. Das wäre auch nicht gut. In vielen Kursen
wurden die Mitarbeiter für die Arbeit in der Creche geschult. Die Creche hat
zurzeit ein recht gut vorbereitetes Mitarbeiterteam. Würde man das Team
auflösen, müsste man bei einem Neuanfang das Team wieder ganz neu
aufbauen. Das ist sehr mühsam. Aber sie müssen weiterhin bezahlt werden.
Reserven dafür gibt es kaum. Geholfen hat bislang ein „convenio“, ein
Abkommen mit der Stadtverwaltung. Mit den finanziellen Hilfen der Stadt konnte
die Creche bislang überleben. Aber leider läuft dieses Abkommen zum
Jahresende aus. Ob es ein neues geben wird, ist ungewiss. Was bleibt, ist die
Hoffnung auf Hilfen aus Deutschland. Aber auch unser Spendenaufkommen ist
sehr rückläufig. Wahrscheinlich auch pandemiebedingt.
Das war so ein kleiner Einblick in die Sorgen und Freuden unserer Arbeit mit den
Kindern. Hoffen und wünschen wir, dass es im neuen Jahr besser wird.
Bedanken möchten wir uns bei allen, die uns durch das Jahr begleitet und uns
unterstützt haben. War Ihre Hilfe schon immer wichtig, so war sie in dem
verflossenen Jahr ganz besonders wichtig. Ohne diese Hilfen hätte die Creche
wahrscheinlich nicht überlebt.
Wir grüßen Sie mit der Jahreslosung für das Jahr 2021: „Seid barmherzig, wie
auch euer Vater barmherzig ist“. Lukas,6,36
Allen wünschen wir ein gutes und gesegnetes neues Jahr.
Es grüßen Sie ganz herzlich, Ihre Gisela und Gunther Schick
Creche Bom Samaritano, Niorter Str. 6a, 31832 Springe
giguschick@t-online.de